Die von der türkis-blauen Bundesregierung versprochene Patientenmilliarde entpuppe sich als Marketing-Gag, der notwendige Ausbau der Leistungen bleibe nach wie vor aus, heißt es von der Arbeiterkammer Oberösterreich. Aktuell seien nur mehr 44 Prozent der AK-Mitglieder in Oberösterreich mit dem Gesundheitssystem zufrieden, das sind um drei Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Dabei spielte Geld eine große Rolle: Jene, die sehr gut von ihrem Einkommen leben können, sind doppelt so häufig zufrieden mit dem Gesundheitssystem (60 Prozent) als jene Beschäftigten, bei denen das Einkommen eher oder gar nicht ausreicht (30 Prozent).
Männer zufriedener als Frauen
Männer (47 Prozent) sind laut der AK-Befragung mit dem Gesundheitssystem zufriedener als Frauen (40 Prozent), unter 30-Jährige (54 Prozent) sind zufriedener als über 50-Jährige (41 Prozent). Personen, die an chronischen Erkrankungen leiden, betrachten das Gesundheitssystem sehr kritisch.
Sechs von zehn Befragten fühlen sich stark oder sehr stark durch langes Warten auf einen Termin bei einem Facharzt bzw. einer Fachärztin für eine Untersuchung oder für eine Operation belastet. 55 Prozent haben gar keinen Termin erhalten, weil keine neuen Patientinnen und Patienten mehr aufgenommen werden. Sechs von zehn Befragten haben länger als zwei Monate auf eine Operation gewartet, 45 Prozent sogar mehr als drei Monate. Besonders betroffen von langen Wartezeiten sind Personen, deren Einkommen nicht ausreicht (73 Prozent).
Zeit für die Patientenbetreuung fehlt
Fast zwei Drittel der Befragten gaben an, dass die Behandlungsdauer bei ihrem letzten Besuch in der Hausarztpraxis weniger als zehn Minuten betragen hatte. Bei knapp einem Fünftel waren es sogar weniger als fünf Minuten. Drastische Unterschiede werden anhand der Einkommensgruppen sichtbar: Während die Behandlungsdauer nur bei jeder fünften Person, die angibt, sehr gut von ihrem Einkommen leben zu können, zu kurz ist, ist es bei jenen Personen, deren Einkommen nicht ausreicht, bei fast der Hälfte der Fall.
Privatisierung verschärft Zwei-Klassen-Versorgung
Als Hauptgründe, warum keine Kassen-, sondern eine Wahl- oder Privatordination aufgesucht wurde, werden sowohl terminliche als auch qualitative Faktoren genannt. 58 Prozent der Befragten geben an, schneller einen Termin erhalten zu haben. 27 Prozent berichten, dass sie in einer Kassenordination keinen Termin bekommen haben. 44 Prozent nennen die erwartete Behandlungsqualität und 28 Prozent die längere Behandlungszeit als Gründe.
Laut der Befragung der Arbeiterkammer Oberösterreich bringen die Privatisierungstendenzen das Gleichgewicht des Gesundheitssystems ins Wanken und gehen auf Kosten der Gesundheit jener Menschen, die sich Wahlärztinnen und Wahlärzte oder Zusatzversicherungen nicht leisten können oder möchten. Demnach würden privaten Krankenversicherer zu Systemgewinnern werden.
Stangl: „Kassenfusion war ein großer Fehler“
Die Ursachen für die Verschlechterungen im Gesundheitssystem liegen laut der AK Oberösterreich in politischen Fehlern: „ Der Marketing-Gag der Kassenfusion kommt uns teuer zu stehen. Die Politik ist nun gefordert, rasch zu handeln, um das drohende Kippen des Systems aufzuhalten “, sagt AK-Präsident Andreas Stangl. Die AK Oberösterreich fordert daher eine gerechte, qualitative Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Oberösterreich. „Der Tendenz zur Zwei-Klassen-Medizin muss entgegengewirkt werden “, sagt der AK-Präsident.
Original Quelle: