US-Hersteller Nvidia gilt als der größte Player auf dem Markt der Mikrochips. Bei den Ländern hat aktuell Taiwan die Nase vorn, während Europa über die Jahre ins Hintertreffen geraten ist.
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„Wir werden das Ziel nicht erreichen. Um klar zu sein, sind wir nicht einmal nah dran.“ Es ist eine klare Botschaft und zugleich ernüchternde Bilanz, die Annemie Turtelboom zieht. Das Ziel der EU-Kommission, bis 2030 ein Fünftel des globalen Marktes für moderne Mikrochips zu bedienen, sei überambitioniert, sagt die Prüferin des Europäischen Rechnungshofs – wieder einmal. Ähnliches hielten ihre Kollegen schon in ihren Analysen zur Künstlichen Intelligenz und dem Batteriesektor fest.



Egal ob bei der Energiewende, der Digitalisierung, dem Verteidigungssektor oder in der modernen Medizin: Ohne Halbleiter und Chips herrscht Stillstand. In einem modernen Auto sind rund 1500 Mikrochips verbaut, nicht umsonst ist zusehends von „Computern auf Rädern“ die Rede. Am augenscheinlichsten wurde die Abhängigkeit der EU in den globalen Lieferketten während der Corona-Pandemie, als die Bänder von Autobauern stillstanden, Laptops nur schwer zu bekommen waren.



Realitätscheck nötig

Es brauche einen Realitätscheck, fordert Turtelboom. Schließlich prognostiziert gar die EU-Kommission selbst, dass man 2030 bei einem Marktanteil von nur zwölf Prozent liegen wird. Heute sind es rund zehn Prozent. Für den Hochlauf braucht es Milliardensummen.



43 Milliarden Euro soll der staatliche Sektor besteuern, dieselbe Summe die Privatwirtschaft lockermachen. Ohne glaubhaftes Ziel seien die benötigten Mittel kaum an Land zu holen.



Die Kommission selbst steuert nur fünf Prozent davon bei, verfügt zugleich über kein Mandat, die nationalen Investitionen zu koordinieren, bemängeln die Prüfer. Überhaupt fehle es an verfügbaren Daten, Brüssel sei nicht in der Lage, etwaige Fortschritte oder Finanzierungszusagen verlässlich festzustellen.



Aus früheren Fehlern nicht gelernt

Hinzu kommt: Der Hochlauf der Produktionskapazitäten – jene Europas müssten sich vervierfachen – ist ein globaler Wettstreit mit Taiwan, China, Südkorea und den USA. Es sind einige wenige Marktplayer, die dafür umso mehr Macht und Finanzmittel haben. Scheitert ein Projekt, rückt das EU-Ziel in weite Ferne.



Im deutschen Magdeburg etwa wollte US-Riese Intel eine Fabrik mit einem Gesamtvolumen von 30 Milliarden Euro hochziehen. 3000 Arbeitsplätze stellte man in Aussicht. Das Prestigeprojekt wurde jedoch aufgeschoben, ob es überhaupt zum Bau kommt, ist unklar.



Fehler aus der Vergangenheit könne man sich jedenfalls nicht mehr leisten, mahnt Turtelboom. „Bei der ersten Strategie 2013 – die ihre Ziele verfehlt hat – hat man es verabsäumt, eine umfassende Wirkungsanalyse zu machen.“ Aus den Fehlern habe man also kaum gelernt, das mache sich nun bemerkbar. (Nicolas Dworak, 28.4.2025)